"Weißt du wo die Blumen sind" - Predigt zum Sonntag Kantate über Blumen

Sun, 28 Apr 2024 16:41:30 +0000 von Heidrun Oehler

Weißt du, wo die Blumen sind? Eine einfache Frage am Sonntag, hier in der Kirche, wo Blumen auf den Altar gestellt werden, oder zuhause, wenn man einen Blumenstrauß besorgt hat und zum Besuch aufbrechen will. 

Blumen springen sofort ins Auge. Nichts ist schöner nach einem langen Winter, wenn erste Krokusse aus dem Boden sprießen, wenn die Osterglocken, oder dann die Pfingstrosen ihre Farben ins Leben bringen.

Blumen sind Zeichen der Hoffnung. Menschen werden in den Psalmen mit Blumen verglichen. „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde…“ Ja, Lebenszeit ist Blütezeit, hineingenommen in die große Schöpfung Gottes, ist Freude am Leben.

Ich erinnere mich sehr genau an meine erste Begegnung mit Blumen, mochte wohl 4 oder 5 Jahre alt gewesen sein, und hatte gehört, es gebe so etwas wie einen Muttertag, an dem man der geliebten Mutter was schenkt.

Mir fielen nur die Blumen ein. Sie standen prächtig in Nachbars Garten, wahrscheinlich Tulpen, gelb, rot, weiß. Also habe ich sie einfach abgepflückt und meiner Mutter mit einem strahlenden Lächeln überreicht.

Die Mutter lachte auch, doch nur einen Moment lang, sie ahnte, woher die waren. Nie werde ich es meiner Mutter vergessen, dass sie mich dann in die Arme nahm und es mir nachsah, auch wenn die Nachbarn schimpften.

So eine schöne Kindheitsgeschichte, mit Blumen ist die Zeit verbunden, die Blume blüht nicht immer, „wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da“, so geht der Psalm 103 weiter, die Abschiede diese Woche mit 59, mit 46 Jahren.

„Weißt du wo die Blumen sind“, das ist die deutsche Übersetzung eines Liedes, das sich gegen den vorzeitigen Tod wendet, es ist ein Antikriegslied, aus einem Roman von Michail Scholochow, Der Stille Don.

Er hat 1965 dafür den Nobelpreis bekommen. Berichtet wird von einem Helden, der im unsicheren Grenzgebiet der Ukraine und Russland auf beiden Seiten kämpft und scheitert. Im Roman singt eine Frau dann ein Wiegenlied.

Hören wir in die deutsche Version von Marlene Dietrich hinein. ( ) Es geht dann weiter, wo sind die Blumen, dann die Mädchen, die Männer, dann die Soldaten. „Über Gräbern weht der Wind. Wann wird man je versteh’n?“

Sag mir wo die Blumen sind, sag mir, wo die Hoffnung ist, sag mir wo die Lieder sind, sag mir, wo der Glaube ist, sag mir, wie zu leben geht. Es ist das Zarte, aus dem das Starke wächst, es ist der Morgen, der den Abend hält.

Vor zwei Wochen die Konfirmation, die Mädchen mit Blumenstrauß, die Jungen am Revers, zarte weiße Rosen. Gestern die erste Trauung im Jahr, Margueriten vor der Kirchentür. Blüten am Grab, wenn es schwer ist, und wir sie mitgeben.

Durchhalten, immer wieder Blumen aussäen, sie auf den Tisch stellen, mit und in ihnen Freude ausdrücken, Jesus Christus wird in einem der schönsten Lieder als Blume, als „Blümelein“ besungen, zu Weihnachten.

„Es ist ein Ros‘ entsprungen“, das ist nicht die Rose, sondern der Reis, aus dem das Blümlein kommt, Maria gebiert das Jesuskind, das Blümelein, wohl zu der halben Nacht. Lasst uns eine Strophe singen, wir kennen es alle auswendig.

In Blumen den dahinterstehenden Glauben erkennen, in ihnen Jesus Christus sehen, mit seinem liebenden Blick, mit seiner Menschenfreundlichkeit Gottes, mit seiner Auferstehung, dem Ostermorgen, das ist es, was uns leben lässt.

Leben als unbegrenzte Zeit in aller Begrenzung des Lebens, das ist Hoffnung und Kraft und Freude, Nelken in Zeiten von Krieg, Chrysanthemen in Leid und Tod. Die Sonnenblume mit ihren Strahlen, sie drückt es aus, für einen Moment.

Momente sind es, die einem Leben die Fülle geben. Augenblicke, nicht große Gedankengebäude, keine Theologie, keine Landeskirche geben Halt, sondern das je einzelne Spüren des Himmels in uns, ‚Astern, schwälende Tage‘.

So ein Gefühl, so eine unmittelbare Gewissheit der Gottesnähe, wir finden dies in Liedern, die uns ergreifen, Liturgien, die berühren. Wir finden sie in Blicken von Menschen, die uns strahlen. Wir finden Gott in der Schönheit von Blumen.

Ja, ich hätte auch nicht gedacht, dass ich noch einmal einen solchen Satz von der Kanzel sage. Doch wir erinnern uns, Jesus preist in der Bergpredigt nicht nur die Vögel unter dem Himmel, sondern auch die Lilien auf dem Felde.

Alltagsglaube beginnt mit dem Gesang der Vögel, der Schönheit der Kornblume, von Wildblumenwiesen. Schmücken wir Häuser und Kirchen mit duftendem Flieder, sind selber Gottes Rittersporn und Lavendel, sein Maiglöckchen.

Zeigt, wo die Blumen sind! Wir verstehen etwas davon, wo der Glaube blüht, die Hoffnung wächst! „Groß und mächtig sind deine Werke, Herr, allmächtiger Gott!“ (Offb 15, 3) „Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.“ (LW 48)
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